13.12.2005
| Von Geissen und Geiseln
Nach
einer Nacht im legendaeren Blue Nile Sailing Club, welcher aber
nicht das haelt, was sein Name zu versprechen vermag, wechselten
wir zu einem anderen Campingplatz. Auf der Fahrt dorthin entdeckte
ich einige VW-Busse und Kaefer in einer Seitenstrasse, scheinbar
eine Werkstatt. Da man ja nie weiss, was passiert, hielt ich
an und speicherte die Koordinaten dieser Kreuzung in mein GPS
ein, um die Werkstatt eventuell spaeter wiederfinden zu koennen.
Doch soweit kam es gar nicht, denn just als ich Wegfuhr entdeckte
ich im Rueckspiegel bereits blauen Rauch, der am Heck meines
Busses hochstieg. Kein gutes Zeichen, aber immerhin am richtigen
Platz zur richtigen Zeit.
Die
Kolbenringe schienen verschlissen zu sein und obwohl die Werkstatt
des Mechanikers weder ueberdacht war, noch einen Boden oder
Waende hatte (sprich: die Werkstatt befand sich auf einer Strasse),
vertraute ich der imaginaeren Werkstatt meinen Motor
an. Die herumliegenden Motorteile am Boden zeigten mir, dass
der Mechaniker zumindest schon sehr viele Motoren zerlegt haben
musste und auch der Andrang der VW-Kaefer, die vorbeikamen,
bestaetigte mir, dass hier DIE Werkstatt fuer VWs im Sudan ist.

Jetzt
galt es, eine Unterkunft fuer die naechsten Tage zu finden.
Ein Anruf bei Nahid und Isman loeste aber das Problem, denn
sie luden uns zu sich ein. Wir hatten diese sudanesische Familie
in Wadi Halfa im Hotel kennengelernt und deren drei Kinder und
meine hatten bereits dort eine sehr lustige gemeinsame Zeit
verbracht.

Urspruenglich
hatten wir ja keinen laengeren Aufenthalt in Karthoum geplant,
doch das aenderte sich nun und wir wurden Teil eines kleinen
Vorstadtlebens. Fast taeglich schauten wir bei den lokalen Fussballspielen
zu und schossen mehr Fotos als die Spieler Tore. Am Freitag
nahmen wir am grossen Familienfest teil und sahen in der Frueh
noch eine Ziege quietschfidel an uns vorbei hopsen, dann auf
der Strasse niedergestreckt, vom Tuerstock haengend, auf grossen
Tableaus nach den Kriterien innen und aussen
sortiert, und am Nachmittag dann auf unseren Tellern serviert.
Mahlzeit.

Olivia
schmeckte es uebrigens ausgezeichnet, die Buben verweigerten
die Kostprobe.
Nach fuenf Tagen war der Bus fertig und es ging weiter nach
Aethiopien, wo wir in die naechste Miserie schlitterten: eine
Geiselnahme.
Nachdem die Grenzfomalitaeten problemlos bewaeltigt wurden,
fanden wir einen wunderschoenen Platz an einem Fluss zum Campen.
Nach einigen Wochen Wueste waren wir ueber diese Abkuehlung
froh und vergnuegten uns mit zahlreichen einheimischen Kindern
im Wasser.

Ueber
Nacht hingen die Kleider am Busdach zum Trocknen und frueh am
Morgen geschah es dann: Ein paar dreiste Kinder kletterten am
Bus hoch und schnappten sich T-shirts und Hosen von Yannik und
Fabio und liefen davon. Bis ich selber angezogen war, waren
sie natuerlich schon laengst ueber alle Berge, doch ein paar
Zeugen standen noch um den Bus herum. Ich versuchte ihnen klar
zu machen, dass sie mir helfen sollen, die Sachen wieder aufzutreiben.
Ergebnislos. So einfach wollte ich mich nicht geschlagen geben
und griff zu haerteren Massnahmen. Ich schnappte mir einen der
herumstehenden Jungs und setzte ihn zu mir vor den Bus auf einen
Sessel. Der Bub wusste zwar nicht, wie ihm geschah, aber ich
brauchte eine Geisel. Den anderen Buben machte ich klar, dass
sie ihren Freund erst wieder bekommen wuerden, wenn die Kleidungsstuecke
wieder bei mir waren.

Zehn
Minuten spaeter hatten wir unsere Sachen wieder und der Bub
seine Freiheit. Willkommen in Aethiopien! Dass wir anschliessend
alle ueber die ganze Sache lachen konnten, zeigt, dass die Leute
hier durchaus freundlich sind, aber auch Gelegenheiten nuetzen,
wenn sie sich ergeben.
Anschliessend fuhren wir nach Gondar, machten ein paar Tage
Pause am Tana See und freuen uns nun auf meine Freundin Lena,
unser fuenftes Safahari-Mitglied, die am 16. 12 in Addis Abeba
zu uns stoesst und uns auf unserer weiteren Reise bis Mitte
Februar begleiten wird.
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