23.01.2006 | Jungle Junction

Bei der VW-Werkstatt in Nairobi angekommen, sind wir aus spätabendlichem Mangel an Laderampen gezwungen, die erste Nacht im Bus auf der Ladefläche des Klein-LKWs zu verbringen, was sich zwar klogehtechnisch als nicht sonderlich praktisch entpuppt, aber zumindest relativ einbruchsicher ist. Am nächsten Tag wird der Bus dann von der Ladefläche abgeladen und in der Werkstatt genau unter die Lupe genommen. Die Diagnose der Mechaniker ist niederschmetternd: Kolbenringe, Pleuellager und Hauptlager müssen ausgetauscht werden. Wir geben also unser Nomaden-Leben kurzfristig auf und werden in der Hauptstadt Kenias sesshaft, wo es zumindest wieder Supermärkte und daher auch Nutella, Extrawurst und Schokolade gibt und wir der Völlerei frönen können.

Nach drei Tagen auf einem Parkplatz schlagen wir unsere Zelte, welche wir gar nicht haben und uns erst von anderen Reisenden ausleihen müssen, in der Jungle Junction auf. Die Jungle Junction, kurz JJ´s (sprich: tschetsches) genannt, ist eine Oase für Overlandreisende im Stadtdschungel Nairobis. Mit kleinem Luxus des Alltags wie einer warmen Dusche, einer Gemeinschaftsküche und Waschmaschinen, verwöhnt der Besitzer Chris (übrigens ein Deutscher) zusammen mit seiner Freundin Diana, hier seine Gäste. Wir treffen dort sowohl auf bekannte Gesichter wie Eric & Danielle und John & Helen als auch auf neue Männer, Mädchen und Motoren.
Waren wir bisher motortechnisch ja nicht gerade vom Glück verfolgt, relativiert sich hier das Bild, wenn man den Geschichten der gepeinigten Seelen am Lagerfeuer lauscht. Zur linken von uns sitzen Sofie (25) und Wim (27), seit 16 Tagen sind sie bereits in JJ´s nachdem sie zuvor unfreiwillig drei Wochen in Marsabit im Norden Kenias verbracht hatten. Ein Ausweichmanöver mit 90 km/h auf einer Wellblechpiste haut auch den stärksten Geländewagen um, und so kam es, dass ihr Toyota Landcruiser auf dem Seitenspiegel zu liegen kam. Der Spiegel wäre ja nicht das Problem gewesen, doch Kotflügel, Türen, Rahmen, Dachträger und diverse andere Kleinigkeiten wie Batterie, Kühler und Federung mussten repariert oder ersetzt werden. Ganz stolz fügt Wim jedoch mit einem Lächeln hinzu: „Aber mein selbstgebauter Kasten hat den Überschlag unbeschadet überstanden!“. (ihre Homepage: www.grevytracks.be)

Doch des einen Leid ist des anderen Freud, denn ohne die Hilfe des technisch sehr versierten Wim (er reparierte auch unser GPS) wären Yvonne (37) und Ruud (40) wohl noch immer hilflos und der Verzweiflung nahe in Kabeln verstrickt.
Nachdem ein afrikanischer Buschmechaniker 220 Volt in das 12 Volt Boardsystem ihres Landrovers Ambulance Serie 3 Bj.79 gejagt hatte, war sämtliche Elektronik durchgebrannt. Zuerst versuchten sie noch den Schaden in anderen Werkstätten reparieren zu lassen, doch alles wurde nur noch schlimmer, und so widmen sie sich nun selbst Tag für Tag, Woche für Woche dem Kabelsalat des Landrovers und sind erstaunlicherweise jeden Tag davon überzeugt, dass sie am nächsten Tag fertig werden (es sei an dieser Stelle erwähnt, dass sie sind bereits seit 8. Oktober in JJ´s sind)! Viel Glück noch an dieser Stelle! Und für alle, die auch eine Reise durch Afrika planen noch Yvonnes Tipp: "Never leave your car alone if the mechanic is African, never ever! And check every bolt (Schraube) they touched!"

Aus einem völlig anderem Grund sitzen Heidi (35) und Koen (34) seit 2 Wochen in ihrem Mercedes Bus 508 Bj.86.
Seit 6 Monaten haben sie ihre Website nicht mehr aktualisiert und müssen nun 10 Länder von Südafrika bis nach Kenia nachholen. Wie sie vorwärts kommen, können alle, die flämisch verstehen, unter www.freewebs.com/koenenheidi nachlesen.

Last but not least wäre da noch unser lieber Martin (33) aus Prag zu erwähnen, der ja mit uns auf seiner BMW 1150 GS Adventure durch Nordkenia fuhr. Er schreibt keine Internet-Berichte und hat auch keine technischen Probleme, verweilt aber dennoch schon seit zwei Wochen in JJ´s. Nachdem er am Lake Turkana eine Dehydration erlitten hatte und wir ihn schon mit dem Buschflugzeug ausfliegen wollten, fing er sich letztendlich nach zwei Tagen im Delirium doch wieder und genießt jetzt die Supermärkte im europäischen Stil und die Frauen im afrikanischen. Seine Homepage mit einer Sammlung toller Fotos von der Reise findet ihr unter: www.malec.name/martin/africa.

Somit sind wir hier in sehr netter Gesellschaft und letztendlich stellt sich heraus: Fortuna hat es gut mit uns gemeint, denn mit unserer lächerlich mickrigen Sammlung an eigentlich harmlosen Pannen sind wir hier richtige Glückspilze. Doch das Unglück der Leute hier scheint ansteckend zu sein, denn als wir nach einer Woche den Bus wieder bekommen, bleibt nach stolzen zehn Kilometern Fahrt gleich wieder die Kurbelwelle stecken, weil sich die Lager verdrehen. Also alles wieder von vorne: Motor raus, Motorblock zerlegen und mit neuen Dichtungen zusammenbauen. Die erneute Reparatur kostet uns also eine weitere Woche. Jedoch ein Tipp von Yvonne hält uns bei Laune: "There will be a day your car is running again!" und so nutzen wir die Zeit, nehmen uns einen Leihwagen und fahren übers Wochenende in den Amboseli National Park.

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