27.12.2005
| Strassenkinder, Strassenrinder
Am
17.12. landete ich um 2 Uhr morgens in Addis Abeba. Nachdem
ich eine halbe Stunde lang den abgebrochenen Koffergriff beobachtet
hatte, der einsam auf dem Gepaeckfliessband seine hundertundfuenfte
Runde drehte, war klar: mein Gepaeck hatte es nicht geschafft.
Nach einer weiteren geschlagenen Stunde Anstellen am Baggage
Claim, konnte ich dann endlich alle Safaharianer, die mich mit
selbstgemalten Plakaten empfingen, in die Arme schliessen. Die
Crew war komplett.

Wir
verbrachten vier Tage in Addis. Nach drei Tagen bekam ich mein
heissersehntes Gepaeck, einen Tag spaeter wurde der Bus wegen
guter Fuehrung aus der Werkstatt entlassen und wir brachen Richtung
Shashemene auf.
An
Ruperts austroaethiopischen Fahrstil, eine wilde Mischung aus
Erbarmungslosigkeit und Wahnwitz, gewoehnte ich mich erst nach
und nach. Autofahren in Aethiopien gleicht einem nie enden wollenden
Elchtest, einem gemeingefaehrlichen Nutztierslalom mit Schlaglochhandicap.
Die Krallspuren am Amaturenbrett sprechen mir aus der Seele.
Wer schon immer davon getrauemt hat, einmal im Leben eine Kuh,
eine Ziege, einen Esel oder ein Pferd zu ueberfahren, der ist
hier im richtigen Land. Es laesst sich naemlich kaum vermeiden.

Aber
nicht nur vielerlei Getier tummelt sich auf der Strasse, bei
jedem Stopp ist der Bus umzingelt von Menschen, teilweise so
viele, dass man kaum aussteigen kann. Wie auf wundersame Weise
kommen sogar beim Lulu-Stop im kargsten Niemandsland zwischen
den Bueschen neugierige Zuschauer hervor, scheibar aus dem Nichts.
Und alle wollen das gleiche: You, you, you! Give money!

Wir
feierten Weihnachten am sodahaltigen Langano-See, im dem man
auch baden kann, was den Kinder natuerlich grossen Spass bereitete.
Die aus Oesterreich importierte Klapptanne aus hochwertigem
Polyester, ein paar Weihnachts-Cds und Geschenke von den Daheimgebliebenen
sorgten fuer Weihnachtsstimmung und Weihnachtskekse von meiner
Mama fuer das passende kulinarische Ambiente. Die Kinder waren
ganz begeistert, dass das Christkind sogar bis nach Aethiopien
fliegt und freuten sich wahnsinnig ueber die vielen Geschenke
unter dem Instant-Baum.
Ein
paar Tage spaeter tuckerten wir nach Dodola auf einer wilden
Buckelpiste, die dem Bus und auch uns alles abverlangte
nur soviel: achzig Kilometer in 3 Stunden. In Dodola buchten
wir eine zweitaegige Wanderung zu Pferd mit Uebernachtung auf
einer Berghuette. Mit Insgesamt vier Pferden, einem Guide und
zwei Assistenten brachen wir am naechsten Morgen auf. Die Kinder
teilten sich zwei Pferde und ritten abwechselnd zu zweit oder
alleine die steilen Haenge hinauf. Ich war begeistert von der
Gelaendetauglichkeit der Pferde, scheinbar eine spezielle Offroad-Rasse,
das aethiopische Allradpferd sozusagen.

Bei
der Huette angekommen, lernten wir eine junge Familie kennen,
die neben unserer gemauerten Berghuette in einer Holzhuette
lebte. Wir durften einen Blick ins Innerde der Huette werfen:
eine Feuerstelle, eine Pritsche zum Schlafen, ein paar Toepfe
und Tassen. Kein Strom, kein Wasser.

Die
Frau hatte ihr mittlerweile vier Monate altes Baby in diesem
Haus geboren. Fuer uns unvorstellbar, in Aethiopien voellig
normal. Tief beeindruckt von dieser Begegnung brachen wir am
naechsten Tag wieder in Richtung Bus auf. Beim Abstieg sahen
wir sogar Affen in den Baeumen und auch die Landschaft begeisterte
uns. Noch am selben Tag brachen wir zurueck nach Shashemene
auf, wo wir einen unfreiwilligen Stopp einlegen mussten, da
der Bus nicht ganz fit zu sein schien

Liebe
Gruesse aus Aethiopien,
Lena
& die Safaharianer
zurück |